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Max rettet den Mond

Eine Vorlesegeschichte für Mond- und Brummbären, am besten neben einem Globus

Max hat Geburtstag. Sechs Kerzen stehen auf seinem Geburtstagskuchen. Der ist mondförmig und mit gelbem Zuckerguss überzogen. Max mag nicht nur Mondkuchen, sondern liebt auch den echten Mond. Deshalb hat er von seinen Eltern ein richtiges Teleskop geschenkt bekommen. Ein Teleskop ist ein langes, dickes Fernrohr auf einem Ständer. Damit kann man dem Mond bis ins Nasenloch reingucken. Max kann kaum den Abend abwarten, um sein neues Teleskop auszuprobieren. Jetzt aber freut er sich auf seine Geburtstagsfeier.
Pünktlich um drei Uhr haben sich sechs Kinder um die Mondtorte versammelt.
„Blas die Kerzen aus!“, ruft Papa.
Max holt tief Luft, rudert dabei mit den Armen und stößt seine Tasse um. Der ganze Kakao kippt ihm auf die Hose. Simon zeigt mit dem Finger auf Max und ruft: „Der hat in die Hose gemacht!“
Wütend läuft Max aus dem Wohnzimmer, rennt die Treppe hoch und knallt seine Zimmertür zu. Er zieht eine saubere Hose an und verkriecht sich in die Ecke hinter den Kleiderschrank.
Es klopft. Mama steckt den Kopf ins Zimmer.
„Nur weil Simon mein Nachbar ist, muss ich ihn einladen. Dabei ist der so doof!“, schimpft Max.
„Stimmt, das war nicht nett von ihm. Aber komm jetzt wieder runter“, sagt Mama.
Widerwillig folgt Max seiner Mutter nach unten. Dabei schwört er sich: „Ich trinke nie mehr Kakao!“

Endlich ist die Feier vorbei, der Abend kommt und damit die Dunkelheit. Max hat das Teleskop vor seinem Fenster aufgestellt und wartet auf den Mond. Doch wohin er auch blickt, er sieht nicht einmal ein Zipfelchen seines fernen, großen Freundes, weil der Himmel mit dicken Wolken verhangen ist.
Vor Enttäuschung über diesen blöden Geburtstag schmeißt sich Max auf sein Bett und beginnt aus vollem Herzen zu weinen.

Der Mond hört seinen Freund weinen und möchte ihm tröstende Strahlen hinunterschicken. Die dichte Wolkendecke lässt aber keinen der silbernen Strahlen durch. Der Mond sucht eine Wolkenlücke. Er beugt sich nach vorne. Und er beugt sich noch ein bisschen nach vorne und noch ein bisschen, und plötzlich passiert es: „Hoppla“, sagt der Mond noch. Und dann verliert er sein Gleichgewicht und stürzt kopfüber Richtung Erde. Er wird schneller und schneller und beginnt sich zu drehen wie ein Karussell.
„Mir wird schlecht!“, ruft er und schließt die Augen. Es wackelt, bebt, dampft, zischt und spritzt, als der Mond auf die Erde kracht.
„War das ein Erdbeben?“ Max schreckt hoch, dann schläft er auf seinem Bett ein.

Am nächsten Morgen staunt Max, als er aus seinem Fenster schaut. Reporter belagern Simons Garten, ein Hubschrauber fliegt darüber. Am Gartenzaun hängt ein großes Plakat:
„Zum Mond musst du nicht fliegen, wir haben ihn hier liegen!“
Sofort geht Max rüber. Simon sitzt in einem eilig zusammengebauten Kassenhäuschen und sagt: „Eine Mondbesichtigung kostet zehn Euro.“
„Aber ich bin doch eurer Nachbar!“ Max stemmt empört die Arme in die Seite.
„Das ist mir egal. 10 €!“ Simon lässt Max nicht zum Mond.
Wütend geht Max nach Hause und holt das Geld.
In Simons Garten glaubt er seinen Augen nicht: Wo einmal der Fischteich war, liegt tatsächlich der Mond!
„Was machst du denn hier?“, fragt Max.
„Ich bin abgestürzt, als ich dich gestern trösten wollte.“
„Wie kommst du wieder zurück?“, fragt Max.
„Genau das frage ich mich auch.“ Das Leuchten des Monds wird schwächer und schwächer.
Max streichelt den traurigen Mond und überlegt. Der Mond wird am Himmel gebraucht, Max kennt sich aus! Ebbe und Flut kommen sonst völlig durcheinander. Die Menschen können ohne den Mond nicht einschlafen und auch die Tiere und Pflanzen geraten aus dem Takt. Er stellt sich vor das Kassenhäuschen und sagt zu Simon: „Lasst sofort den Mond frei!“
„Der Mond bleibt hier!“ Simon grinst fies. „Und selbst wenn er wieder frei wäre: Wie willst du ihn an seinen Platz im Himmel bekommen?“
Grübelnd geht Max nach Hause und legt sich auf den Wohnzimmerteppich.
„Ich muss dem Mond helfen. Aber wie? Ein Kran oder eine Leiter? Geht nicht, zu kurz. Ein Hubschrauber? Zu schwach. Eine Rakete? Nee, da passt er nicht rein…“ Max zerbricht sich den Kopf. Dabei starrt er auf den Zimmerspringbrunnen, bei dem sich eine Steinkugel auf einer Wasserfontäne dreht. Plötzlich geht ein Leuchten über sein Gesicht. Er greift aufgeregt zum Telefon und wählt die Nummer von Ben, seinem Cousin. Der ist schon neun und weiß alles.
„Hallo, hier ist Ben Braunmühl.“
„Hier ist Max. Die Erde ist doch ’ne Kugel, oder?“
„Ja, ist sie.“
„Was liegt auf der anderen Seite, genau gegenüber von Deutschland?“
„Warte kurz. Auf meinem Schreibtisch steht ein Globus.“ Max hört durch das Telefon den Globus quietschen. „Neuseeland liegt gegenüber auf der anderen Seite!“
„Danke!“, ruft Max und hat schon aufgelegt.

Er läuft in den Garten. Ein Vogel planscht gerade in der Tränke. „Sag mal, bist du ein guter Flieger und kannst dir ’ne Menge merken?“, fragt Max.
„Na klar!“, antwortet der Vogel.
„Dann flieg’ für mich nach Neuseeland!“
„Nach Neuseeland? Du meinst die andere Seite der Welt?“
„Genau. Ich muss den Mond retten. Hilfst du mir?“, fragt Max.
„Den Mond retten? Logo!“ Der Vogel flattert aufgeregt. „Was soll ich tun?“
„Im Meer vor Neuseelands Küste liegt ein kleiner, bröckliger Vulkan. Sag in Neuseeland jedem Maulwurf Bescheid! Die sollen sich auf den Rücken von Delfinen zum Vulkan bringen lassen!“
„Wieso?“, fragt der Vogel.
„Die Maulwürfe müssen einen ganz, ganz langen Tunnel graben. Genau von Neuseeland bis nach Deutschland, einmal quer durch die Erde!“
„Wie sollen sie das machen!“, staunt der kleine Vogel.
„Sie rutschen über den Kraterrand in den Vulkanschlot und graben immer tiefer, bis zum Erdkern und weiter Richtung Deutschland. Bis sie den Mond am Bauch kitzeln können.“
„Und was soll ich dann machen?“, fragt der Vogel.
„Komm wieder zurück, wenn du den Maulwürfen alles ausgerichtet hast!“
„Und woher weißt du, dass es diesen Vulkan gibt?“, fragt der Vogel.
„Das hat mir der Mond erzählt. Er sieht doch alles von oben“, antwortet Max, doch der kleine Vogel ist schon vor Ungeduld losgeflogen.
Max winkt ihm noch lange hinterher.

Nun heißt es abwarten. Max besucht den traurigen Mond und erklärt seinen Plan.
„Wenn es nicht klappt, muss ich für immer hier bleiben!“, sagt der Mond traurig.
„Ob der Vogel den weiten Weg schafft?“, überlegt Max in den nächsten Tagen immer wieder.
Da hört er den Mond im Nachbargarten plötzlich lachen. Und ein aufgeregter kleiner Vogel zwitschert auf Max’ Fensterbrett.
Max stürzt zum Fenster. „Du hast es geschafft.“
„Klar! Und guck mal, was da drüben los ist.“
Max rennt rüber. Das Kassenhäuschen ist leer. Simon und seine Eltern rennen aufgeregt durch ihren Garten. Dort wimmelt es von Maulwurfshügel.
„Mich kitzeln tausend, pelzige Finger!“, prustet der Mond.
„Das sind die Maulwürfe aus Neuseeland!“, jubelt Max.
Zum kleinen Vogel sagt er: „Du musst noch mal nach Neuseeland. Such’ dort einen ganz großen Wal mit einer kräftigen Schwanzflosse.“
„Wieso denn das?“, fragt der kleine Vogel.
„Mit seiner Flosse soll er an Silvester den Vulkan in Stücke hauen. Genau um Mitternacht! Hast du dir alles behalten?“
„Ich glaube, bei dir piept’s? Ich habe doch kein Spatzenhirn!“ Lachend startet der kleine Vogel abermals zum anderen Ende der Welt.

Tage später landet er vor der Neuseeländischen Küste auf einem Blauwal. Der Wal lauscht dem kleinen Vogel, dann nickt er bedächtig. Als die Silvesterraketen gezündet werden, schwimmt der riesige Wal zum kleinen Vulkan. Immer wieder hebt er die mächtige Schwanzflosse und zertrümmert den erloschenen Feuerberg. Dann stürzen die tosenden Wassermassen in den Schlot. Immer schneller schießt das Wasser einmal durch die ganze Erde.

In Deutschland wird das neue Jahr 10 Stunden später als in Neuseeland begrüßt. Jetzt steigen auch hier Raketen zischend auf und malen bunte Spuren an den Himmel. „Immer konnte ich mir das Feuerwerk von oben ansehen“, denkt der Mond traurig. Da hört er aus der Ferne ein Grollen und Tosen, das immer lauter wird. Der Boden beginnt zu beben und plötzlich wird der Mond von einer schäumenden Wassersäule aus dem Teich gehoben. Das Wasser hat von seiner donnernden Fahrt soviel Schwung, dass es den Mond höher und immer höher trägt. Die Raketen begleiten ihn das erste Stück auf seinem Weg in den Himmel.
Max hüpft begeistert durch den Garten: Juchhu! Geschafft! Endlich ist der Mond wieder an seinem richtigen Platz.
Dann rennt er ins Haus und holt sein Teleskop. Er schaut hindurch und stellt es scharf: Der Mond zwinkert ihm zu! Begeistert winkt Max zurück. Da landet der kleine Vogel auf seiner Schulter.
„Kannst du aber schnell fliegen!“, staunt Max. „Und danke, dass du mir geholfen hast!“
Es ist eine kalte, klare Winternacht. Endlich schickt der Mond wieder silberne Strahlen vom Himmel, die sich wie eine warme Decke um Max und den kleinen Vogel legen.

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